1. Was ist Liturgie?
Wenn wir Christen zum gemeinsamen Gebet, z.B. zur heiligen Messe oder anderen Formen des Gottesdienstes zusammenkommen, dann heißt das „Liturgie“. Das Wort kommt vom griechischen leiturgía und bedeutet „öffentliches Werk“ oder „Werk des Volkes“: Das Volk Gottes tritt in der Liturgie öffentlich, offiziell vor Gott. „Leiturgía“ kann man aber auch mit „Werk (Gottes) am Volk“ übersetzen: Gott "wirkt" in ihr an uns.
Wir feiern Liturgie,
vor allem die Messe, im Auftrag des Herrn, der uns in der Taufe zu einem neuen,
heiligen Volk gemacht hat. Unser Dienst ist der Dank für die Erlösung von Tod
und Sünde. In diesem Dank (griechisch: eucharistía) nehmen wir Teil am Kreuzesopfer
Christi, vor allem, weil er uns seinen Leib und sein Blut als Speise und Trank
schenkt, so daß wir mit ihm eins werden.
In der Kommunion
(lat. commúnio=Vereinigung) macht Jesus sich eins mit uns. Dadurch sind wir
geheiligt und zur Heiligung der Welt da: Wir sollen Gott zu den Menschen
bringen (durch das Bekenntnis des Glauben und die Nächstenliebe) und die
Menschen zu Gott (durch das Gebet). So sind wir Christen die Mittler zwischen Gott
und Welt. Das meint der heilige Apostel Petrus, wenn er in seinem ersten Brief
schreibt:
Laßt euch als lebendige Steine zu einem
geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus
Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. [...] Ihr aber seid
ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger
Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten
dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen
hat. (1 Petr 2, 5-9)
2. Warum gibt es in der Kirche Priester?
Jesus beauftragte
seine Apostel beim Letzten Abendmahl, sein Gedächtnis mit Brot und Wein
und den Worten, die er darüber gesprochen hat, zu begehen. Nach der
Auferstehung begegnete Jesus den Jüngern im Abendmahlssaal und immer wieder
beim Mahl. Seit dem halten die Christen am Sonntag, dem Tag der Auferstehung,
die hl. Messe. Schon von den ersten Christen erzählt die Apostelgeschichte: Sie hielten an der Lehre der Apostel fest
und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. (Apg 2, 42)
Das ist bis heute so.
„Brechen des Brotes“
ist der älteste Ausdruck für die Feier der heiligen Messe. Die Apostel haben
diese Feier im Auftrag Jesu („Tut dies zu meinem Gedächtnis!“) geleitet. Heute
tun das die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, und – von den Bischöfen dazu
beauftragt – die Priester. Sie
haben den Auftrag und die Vollmacht dazu durch die Weihe bekommen.
Die Weihe durch
Handauflegung und Gebet geht in einer Reihe der Bischöfe durch die Jahrhunderte
zurück bis zu den Aposteln. Man nennt diese Reihe der Weihe „apostolische
Sukzession (=Nachfolge)“. Es gibt keine gültige Meßfeier ohne Bischof oder
Priester, weil nur die Weihe die Vollmacht zur Wandlung von Brot und Wein
erteilt.
3. Warum gibt es Meßdiener?
„Ministrant“
(minístrans = Dienender) heißt der Meßdiener offiziell. Ein anderes Wort ist Akolúth, was Gefolgsmann/-frau heißt. Damit ist schon gesagt, wozu die Meßdiener
da sind: Zum Dienen und zum Folgen.
Dienen:
Die Ministranten dienen Gott und der Kirche. Sie helfen dem Priester, der im
Namen Christi und der Kirche der liturgischen Feier vorsteht, die Gebete
vorträgt und das Opfer Christi mit den Gläubigen feiert. Die Meßdiener helfen
bei diesem heiligen Tun, ja sie sind selbst ein wichtiger Teil dieses Tuns. Sie
vertreten die Gemeinde am Altar: Was sie tun, ist eigentlich der Dienst aller
Gläubigen, die es innerlich mitvollziehen sollen. Es handelt sich also nicht
nur um technische Handreichungen. Viele Dienste der Ministranten könnten,
praktisch gesehen, auch wegfallen: Der Priester könnte beim Tagesgebet das
Meßbuch selbst halten, der Küster könnte die Gaben sofort auf den Altar
stellen. Der Ministrantendienst macht deutlich: Das Tagesgebet ist nicht
Privatsache des Priesters, es ist Gebet der ganzen Kirche. Die Gabenbereitung
ist ein Tun aller Gläubigen: Mit Brot und Wein bringen wir alle etwas zum
Altar; unsere Gaben, unsere Freude, unsere Angst und Not und die anderer
Menschen, für die wir beten, damit Gott alles verwandle in sein göttliches
Leben. Ähnliches gilt für alle Dienste der Ministranten.
So dienen die
Ministranten auch Gott: Sie machen sichtbar, daß er uns in seiner Nähe haben
will, in seinen Dienst ruft und zu seinen Mitarbeitern macht.
Die Meßdiener machen
die Liturgie feierlich. Was wäre eine Christmette oder auch „nur“ eine normale
Sonntagsmesse ohne Meßdiener! Indem sie ihren Beitrag zu einer festlichen
Liturgie leisten, loben sie Gott und dienen ihm. Außerdem helfen sie den
anderen Gläubigen beim Beten, wenn diese sehen, daß die Ministranten ihren
Dienst in Freude und Ehrfurcht vollziehen.
Folgen:
Die Meßdiener sind, wie alle anderen Christen auch, Gefolgsleute Jesu. Die Ministranten stellen dieses Nachfolgen in der Liturgie dar, indem sie bei Ein- und Auszug
dem Kreuz folgen, in der aufmerksamen Mitfeier, im Gebet und im Hören auf Gottes Wort.
Das Folgen beginnt
nicht mit dem Anfang der liturgischen Feier und hört mit ihrem Ende nicht auf:
Die Messe ist der Höhepunkt des christlichen Lebens, aber nicht das einzig
Christliche, das wir im Laufe einer Woche tun. Jesus folgen heißt, leben, wie
er es gesagt und es uns vorgelebt hat; leben im Gebet, also in der Beziehung zu
Gott, leben zum Zeugnis für Gott und die Kirche, leben in der Bereitschaft zur
Vergebung und in der Liebe zu allen Menschen.
Jesus sagt zu seinen Jüngern: Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt
einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran
werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (Joh
13, 34f)
4. Das Wichtigste: Die innere
Haltung
Liturgie (und damit
auch der Ministrantendienst) darf also kein „Job“ und kein Schauspiel sein, das
mit unserem sonstigen Leben nichts zu tun hat. Wenn die Liturgie in unser Leben
eingebettet ist, wenn ich auch sonst mit Gott spreche und mich bemühe, nach
seinem Willen zu leben, dann wird mir die liturgische Feier aus dem Herzen sprechen
und ich werde Gottes Wirken in ihr immer deutlicher wahrnehmen.
Manches in der
Liturgie wird mir gerade am Anfang fremd und unverständlich sein. Das hängt mit
der 2000jährigen Geschichte unserer Kirche zusammen: Unser Glaube und seine
Formen sind nicht selbstgemacht, wir haben sie von den Christen, die vor uns
gelebt haben, geerbt. Manches ist sogar noch älter, weil es aus dem Judentum
stammt. Es ist eine spannende Sache, sich dieses Unbekannte zu erobern und zu
eigen zu machen – dann wird es für mich auf einmal wichtig und unverzichtbar.
Mit
dieser Haltung werde ich die Liturgie auch äußerlich anders mitfeiern. Ich
bekomme dann eine Beziehung zu Haltungen, Gesten, Gesängen, Geräten usw.. Ich
mache mir die Liturgie zu eigen.
Es
geht also darum, aufmerksam, konzentriert und aufgeschlossen zu sein. Gott will
mir in den Zeichen und Worten begegnen, etwas sagen, etwas tun, sich mitteilen. Das
erfordert meine Bereitschaft, meine Ausdauer, vor allem auch meinen Glauben an
seine Gegenwart und meine Ehrfurcht vor ihm.
Hierzu
gehört, daß ich im Kirchenraum und erst recht in der Liturgie schweige – wenn
ich gerade nicht mitbete oder -singe, ebenso, daß ich nicht laufe („renne“),
nicht herumalbere und mich auch ansonsten ordentlich benehme. Grundsätzlich
werde ich mich also aus Ehrfurcht vor Gott rücksichtsvoll und angemessen gegenüber
dem heiligen Raum, der heiligen Feier und meinen Brüdern und Schwestern verhalten.
5. Der Leib
a) Leibliche Vorbereitung
Entsündige mich mit Ysop, dann
werde ich rein.
Wasche mich, und ich werde weißer
als Schnee!
(Ps 50 [51], 9)
Wer
zu einer wichtigen Begegnung geht, bereitet sich vor: Vor einem Fest duscht man
sich und zieht sich sich frische Sachen an. Auf ein Bewerbungsgespräch bereitet
man sich vor und überlegt, wie man auftritt. Wer seiner Freundin oder seinem
Freund seine Liebe erklären will, wird auf die letzte Kleinigkeit achten, damit
der entscheidende Augenblick gelingt.
So
soll es auch bei der Begegnung mit dem Herrn in der Liturgie sein. Wenn wir uns
bereits zu Hause darauf vorbereiten, wird sie besser gelingen: So sollten die
Meßdiener bereits vor der Messe, z.B. wenn sie abends zum Dienen aufgestellt
sind, schon am Nachmittag daran denken, daß sie genügend Zeit einplanen, um
sich wenigstens die Hände zu waschen, zu prüfen, ob die Fingernägel sauber
sind, sich zu kämmen und um den Dreck vom Fußballspiel von den Schuhen zu
bürsten oder saubere, am besten schwarze oder dunkle, geschlossene Schuhe
anzuziehen. Vor allem in der Winter- und Heuschnupfenzeit sollte man auch an
ein Taschentuch denken. Wenn der Talar auch die Straßenkleidung bedeckt, sollte
man doch nicht mit dreckiger oder allzu lässiger oder knapper Kleidung zur
Kirche gehen. Kapuzenpullis sind ungünstig, weil die Kapuze über dem Talar
nicht aussieht und darunter einen Buckel macht.
Unser
Leib betet mit. Wenn wir auch den Leib auf die Liturgie vorbereiten, wird
unsere Seele leichter mit Gott in Kontakt kommen. Wie unser Leib weiter in das
Beten einbezogen ist, wird nun beschrieben.
b) Der
ganze Leib
Ich will dir danken mit meinem ganzen Herzen,
vor Göttern will ich dir singen und
spielen.
Ich will mich niederwerfen zu
deinem heiligen Tempel hin
und deinem Namen danken für deine
Huld und für deine Treue.
(Ps 137 [138], 1f)
Der
ganze Leib betet. Das kann man an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Setz
dich mal möglichst lässig hin und sage: „Gott, ich liebe dich!“ Dann stelle
dich hin, breite die Arme nach oben hin aus, hebe leicht den Kopf, schaut auf
ein Kreuz und sage dasselbe. Merkst du den Unterschied? Noch einmal kann man
einen Unterschied merken, wenn man dasselbe Gebet spricht oder singt (z.B.
„Großer Gott, wir loben dich!“). Oder sprich „Herr, erbarme dich“ sitzend, dann
stehend, dann kniend mit gefalteten Händen und gesenktem Kopf.
c) Der
Rumpf, die Brust, das Herz
Gott sieht nämlich nicht auf das,
worauf der Mensch sieht.
Der Mensch sieht, was vor den Augen
ist,
der HERR aber sieht das Herz.
(1 Sam 16, 7)
Der
Rumpf unseres Körpers ist seine Mitte. In ihm spüren wir freudiges Kribbeln,
Glücksgefühle und auch beklemmende Angst. Der Rumpf birgt unser Herz, das nicht
nur Blutpumpe, sondern Mitte des Menschen ist; es pocht heftig, wenn wir uns
freuen, fürchten oder aufgeregt sind.
Der
Apostel Johannes lag beim Letzten Abendmahl an der Brust Jesu (Joh 13, 25; vgl.
Joh 21, 20) – ein Zeichen besonderer Nähe und Liebe: Dieser Jünger war
besonders nah am Herzen Jesu.
In
der Liturgie sollte der Rumpf gerade, aber nicht überspannt sein. Vor der Mitte
der Brust (Herzhöhe) faltet man die Hände. Wenn man in einer Hand etwas zu
tragen hat, legt man die freie Hand flach auf die Brust. Diese Gesten dienen
der inneren Sammlung.
Beim
Schuldbekenntnis schlägt man sich mit der Faust dreimal an die Brust – „Ich
selbst bin es, der schuldig geworden ist, nicht nur die anderen oder die
Umstände oder der schlechte Einfluß ...“ (vgl.
Lk 18, 13: Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal,
seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete:
Gott, sei mir Sünder gnädig!)
Manche schlagen sich auch beim „Herr, ich bin nicht würdig“ vor der Kommunion
an die Brust. Das soll bedeuten: Daß ich in diesem Stück Brot Jesus erkennen
darf, der für meine Sünden gestorben ist, ist mir nicht egal, das „betrifft“
mich, geht mein Innerstes an. (Vgl. Lk
23, 47f: Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: Das
war wirklich ein gerechter Mensch. Und alle, die zu diesem Schauspiel herbeigeströmt
waren und sahen, was sich ereignet hatte, schlugen sich an die Brust und gingen
betroffen weg.)
d) Der
Kopf
Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt.
(Ps 22 [23], 5)
Der
Kopf ist die „Krone“ unseres Leibes, er beherbergt unsere wichtigsten
Sinnesorgane: Augen, Ohren, Nase, Geschmackssinn. Der Kopf ist mit Ohren, Augen
und Mund Kommunikationszentrum des Menschen. Das Gehirn ist Sitz von Persönlichkeit
und Intelligenz, die Zentrale unseres körperlichen und psychischen Lebens.
Unser
Gesicht ist Ausdruck unserer Persönlichkeit und unserer Stimmung. Die Augen
heißen auch „Fenster zur Seele.“
Den
Kopf hängen lassen, die Nase hoch tragen, „Kopf hoch!“ – in diesen Redeweisen
wird deutlich, was der Kopf über unser Inneres sagt.
So
ist eine aufrechte Kopfhaltung in der Liturgie Zeichen für Freiheit und Würde
des Christen. Eine Verneigung mit dem Kopf erweist Ehrfurcht vor Gott oder
Achtung oder dem Mitchristen.
e) Die
Hände
Ausgebreitet habe ich meine Hände zu dir,
wie erschöpftes Land ist vor dir meine Seele.
Güte und Schönheit des Herrn, unseres Gottes, sei über uns!
Laß gedeihen das Werk unserer Hände,
ja, laß das Werk unserer
Hände gedeihen!
(Ps 142 [143], 6 und Ps 89 [90],
17)
Die
Geschicklichkeit seiner Hände unterscheidet den Menschen stark von den Tieren.
Mit den Händen wird gearbeitet, werden Zärtlichkeit aber auch Brutalität
ausgetauscht. Hände packen an und helfen. Hände schaffen Kunstwerke.
Zum
Beten faltet man die Hände: Sie ruhen nun, der Mensch ist ganz bei sich, weil
das Eigentliche im Leben nicht zu machen ist, sondern von Gott geschenkt wird.
Die
ausgebreiteten Hände sind die alte christliche Gebetshaltung: Nach oben offen
und zu einem Kreuz oder Altar oder nach Osten gewandt (die aufgehende Sonne ist
Zeichen für den auferstandenen und wiederkommenden Christus) sind die Hände
Zeichen dafür, daß wir alles von Gott erwarten – ähnlich einem kleinen Kind,
das von seiner Mutter etwas haben oder auf den Arm genommen werden will.
Probiere
dieses Beten mit offenen Händen einmal aus! Nachdem man sich daran gewöhnt hat,
will man es gar nicht mehr lassen.
f) Die
Beine
Er sagte zu mir:
Menschensohn, stell dich auf
deine Füße;
ich will mit dir reden.
(Ez 2, 1)
Die
Beine und Füße ermöglichen uns ein aufrechtes Stehen, das nur dem Menschen als
Normalhaltung zu eigen ist, und die verschiedenen Weisen der Fortbewegung: vom
Kriechen und Schleichen bis zum Rennen, vom Schlurfen bis zum Tanzen.
Die
normale Haltung in der Liturgie ist das Stehen – nicht das Knien oder Sitzen,
was ja auch denkbar wäre –, weil wir von Gott erlöst sind und ihm aufrecht als
von ihm geliebte Freunde gegenübertreten dürfen. Früher gab es in den Kirchen
keine Bänke!
6. Haltungen und Bewegungen
a) Stehen
Jesus blieb stehen und sagte: Ruft
ihn her!
Sie riefen den Blinden und sagten
zu ihm:
Hab nur Mut, steh auf, er ruft
dich.
(Mk 10, 49)
Wenn
man in der Liturgie steht, dann ist das mehr als ein zufälliges
Sich-an-einem-Ort-befinden. Es ist ein bewußtes Da-Stehen vor Gott mit den
Brüdern und Schwestern: „Wir danken dir, daß du uns berufen hast, vor dir zu
stehen und dir zu dienen.“ (Zweiter Meßkanon) Der stehende Mensch
spannt sich aus zwischen Himmel und Erde.
Das
Stehen ist die liturgische Grundhaltung, die Haltung von Freien und Erlösten,
die sich zur Feier und Begegnung mit ihrem Herrn versammelt haben. Es ist auch
Ausdruck der Achtung vor Gott, der Aufmerksamkeit und der Bereitschaft, „loszugehen“ und als seine Freunde zu handeln.
Beim
Stehen befinden sich die Füße leicht nach außen gedreht relativ eng
beieinander, aber nicht in einem militärischen „Stillgestanden“, bei dem die
Hacken sich berühren. Es ist also eine gespannte, aufmerksame und zugleich
ruhige, friedvolle Haltung.
Der
Körper ist über Wirbelsäule und Schultern bis zum Scheitel aufrecht. Dazu
gehört ein gutes Körperbewußtsein, das weiß, daß der Körper der Ausdruck
unserer Seele ist.
b) Gehen
Ich freute mich, als man mir sagte:
Zum Haus des HERRn wollen wir gehen.
Schon stehen unsere Füße in deinen Toren,
Jerusalem:
Jerusalem, als starke Stadt erbaut, die fest gefügt ist.
Dorthin zogen die Stämme hinauf,
die Stämme des HERRn,
wie es Gebot ist für Israel, den
Namen des HERRn zu preisen.
(Ps 121 [122], 1-4)
Die
Fortbewegungsweise in der Liturgie ist das Schreiten. Das ist ein langsames,
feierliches Gehen in gesammelter Haltung (d. h. mit vor der Brust gefalteten
Händen, soweit man nichts trägt).
Es
dient – neben der Fortbewegung – erstens dazu, daß man im Fortschreiten
sozusagen bei sich bleibt, seine Situation, seine Stimmung, seine Gedanken
wahrnimmt und „mitnimmt“, also innerlich nicht schon da ist, wohin man sich
erst auf dem Weg befindet, oder ganz woanders.
Zweitens
hilft das Schreiten, das hohe Ziel des Gehens wahrzunehmen: Es ist etwas anderes, ob
ich zu Hause vom Sofa aufstehe, um aus der Küche etwas zum Knabbern zu holen,
oder ob ich zur Feier der heiligen Messe zum Altar gehe.
c) Knien
Dann entfernte er sich von ihnen
ungefähr einen Steinwurf weit,
kniete nieder und betete.
(Lk 22, 41)
Im
Knien machen wir uns vor einem anderen klein und erkennen damit an, daß der
andere größer, würdiger, mächtiger ist. Außerdem knien wir nieder, wenn wir
jemanden inständig um etwas bitten oder ihm von ganzem Herzen danken. Wer
kniet, macht sich wehrlos, „ergibt“ sich.
In
die christliche Liturgie hat das Knien erst spät Einzug gehalten, für das
private Gebet aber ist es schon in der Bibel bezeugt.
Wir
knien heutzutage vor allem beim eucharistischen Hochgebet, weil sich darin das
Geheimnis der Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi
ereignet, und vor/bei der Kommunion. Wir sagen mit unserem Knien: „Mein Herr
und mein Gott, ich kann es mit meinem kleinen Verstand nicht fassen, was hier
geschieht, aber ich glaube und weiß, daß du nun hier bist und dich mir
schenkst, obwohl ich es nicht verdient habe. Ich danke dir und bete dich an.“
d) Liegen
Und als sie Jesus sahen, fielen sie
vor ihm nieder.
(Mt 28, 17)
Am
Karfreitag liegen die Priester und Diakone (und Meßdiener) zu Beginn der
eindrucksvollen Liturgie vom Leiden und Sterben Christi schweigend am Boden.
Vor dem Kreuzestod des Gottessohnes gibt es kein besseres und ergreifenderes
Zeichen.
Vor
der Weihe von Bischöfen, Priestern und Diakonen liegen die Kandidaten zur
Allerheiligenlitanei auf dem Boden. Das bedeutet: Sie geben sich Gott hin; Gott
muß tun, was nun geschehen soll; es steht nicht in unserer Macht!
Probier mal aus, wie es sich flach vor Gott ausgestreckt betet! Da liegt der kleine
Mensch vor dem unendlichen Gott und gibt sich in seine Hand.
e) Verneigung
und Kniebeuge
Kommt, wir wollen uns niederwerfen, uns
vor ihm verneigen,
laßt uns niederknien vor dem HERRn,
unserem Schöpfer!
(Ps 94 [95], 6)
Verneigung
und Kniebeuge sind „Kurzformen“ von Liegen und Knien, also Zeichen der
Ehrfurcht und der Anbetung.
Die
Kniebeuge gilt als hierzulande stärkere Form des Erniedrigens und Anbetens dem
Allerheiligsten, dem in Brot (und Wein) gegenwärtigen Herrn. Deshalb machen wir
beim Betreten und Verlassen der Kirche eine Kniebeuge zum Tabernakel. In einer
Kapelle ohne Tabernakel macht man eine Verneigung zum Altar.
In
der Liturgie ist das Tabernakel „außer Konkurrenz“: Zwar ist Jesus dort
gegenwärtig, aber nun begeht man die heilige Messe, die Feier seines Kreuzesopfers, in der er neu gegenwärtig wird. Daher
macht man in manchen Kirchen nur zu Beginn und am Ende der Messe eine Kniebeuge
zum Tabernakel, sonst (eine Verneigung) zum Altar, anderswo läßt man in der
Messe das Tabernakel ganz außer acht und verehrt nur den Altar.
Kniebeuge: Man kniet mit dem rechten Knie neben der linken
Hacke nieder. Dazu setzt man den rechten Fuß nach hinten. Der Oberkörper bleibt
gerade und bildet mit dem rechten Oberschenkel eine Linie. Die Hände bleiben,
wenn man sie frei hat, vor der Brust gefaltet. Das Aufstehen von der Kniebeuge
erfolgt umgekehrt.
Doppelte Kniebeuge mit Verneigung (vor dem ausgesetzten Allerheiligsten): Man
macht eine einfache Kniebeuge, zieht aber auch das linke Knie nach, so daß man
mit beiden Knien auf dem Boden kniet. Dann neigt man den Kopf. Zum Aufstehen
zieht man zuerst den linken Fuß vor, drückt sich hoch und zieht den rechen Fuß
nach, so daß man wieder auf beiden Füßen steht. Die doppelte Kniebeuge kommt in
der Liturgie nicht vor; man macht sie nur „privat“.
Verneigung: Man unterscheidet (leichte) Kopf-, (mitteltiefe)
Brust- und (tiefe) Rumpfverneigung. Die Kopfverneigung
ist eine Ehrenbezeugung gegenüber Personen, so z.B. wenn man dem Priester das
Meßbuch zum Tagesgebet gehalten oder wenn man etwas zum Altar gebracht hat. Mit
diesem Zeichen erinnern wir uns daran, daß uns in unserem Nächsten Christus
begegnet (Jesus sagt in Mt 25, 40: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen
meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“), besonders
im Priester wegen seiner Weihe.
Die
Brustverneigung ist eine Verehrung
und Anbetung Gottes. Man macht sie, wenn man während der Messe die Kirche
verläßt oder betritt (z.B. wenn man Weihrauch holt oder wegbringt), falls man
nicht eine Kniebeuge macht.
Zur
Vorbereitung auf die Verkündigung des Evangeliums und auf das Hochgebet macht
der Priester beim jeweiligen Vorbereitungsgebet eine Rumpfverneigung als Ausdruck der Bitte um den Heiligen Geist für
das, was er nun tut.
f) Kreuzzeichen
Immer tragen wir das
Todesleiden Jesu an unserem Leib,
damit auch das Leben Jesu an
unserem Leib sichtbar wird.
(2 Kor 4, 10)
Zu
Beginn der Gottesdienste und des persönlichen Gebets machen wir das Zeichen des
Kreuzes über uns, an dem Jesus den Tod für uns gelitten hat. Dazu sprechen wir
in der Messe und beim Gebet: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Amen.“ Beim Stundengebet heißt es „O Gott, komm mir zu Hilfe.
Herr, eile mir zu helfen.“ (Ps 69 [70], 2), in der Sakristei vor dem Einzug:
„Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.“ (Ps
123 [124], 8)
Das
Kreuzzeichen ist schon seit dem zweiten Jahrhundert belegt. Man kann also
annehmen, daß es schon sehr früh von den Christen praktiziert wurde. Im
Altertum benutzte man dabei, an den Spitzen zusammengelegt, Daumen, Zeige- und
Mittelfinger (drei Finger für die Dreifaltigkeit). Seit dem achten Jahrundert
kommt im Westen der Brauch auf, nur Zeige- und Mittelfinger zu benutzen (zwei Naturen
Christi: Gottheit und Menschheit).
Beim
Kreuzzeichen berühren wir die Stirn, die Brust und die Schultern. Gemeint sind
der Geist (Gedanken), das Herz (Gefühle) und der tätige Leib (Taten). Sie sollen im Zeichen des Kreuzes gesegnet und alles in uns auf Gott ausgerichtet sein.
Vor
dem Evangelium machen wir drei kleine Kreuze auf die Stirn, den Mund und die
Brust: Durch das Hören der Frohen Botschaft soll Gott unsere Gedanken, unsere
Worte und unser Herz segnen.
Beim großen Kreuzzeichen sind heute üblicherweise die Finger an beiden Händen ausgestreckt, die Daumen
liegen an. Die linke Hand liegt flach auf der unteren Brust, also am Übergang
von Brust und Bauch. Hand und Unterarm bilden eine gerade Linie. Mit den
Spitzen von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand berührt man zuerst die
Stirn, dann die Brust (oberhalb der linken Hand), dann die linke und zum Schluß
die rechte Schulter. Danach faltet man die Hände wieder.
Die
Christen der Ostkirchen machen das Kreuzzeichen übrigens anders herum: Nach Stirn
und Brust berühren sie zuerst die rechte Schulter und ziehen den „Querbalken“
schräg herunter nach links direkt auf das Herz. Wenn man nach Osten blickt,
geht also die Bewegung (wie bei uns) zuerst von oben nach unten, d.h. vom
Himmel zur Erde, und dann von Süden nach Norden, also aus dem Licht in die
Finsternis. Damit ist gemeint, daß Christus, das Licht der Welt, in die
Dunkelkeit des Unglaubens und der Gottesferne dringen will. Bis ins
zwölfte Jahrhundert haben wir im Westen das Kreuzzeichen auch so gemacht.
Beim
kleinen Kreuzzeichen vor dem Evangelium wird der Daumen abgespreizt. Die
übrigen Finger sind gerade und liegen aneinander. Mit dem Daumen macht man drei
kleine Kreuze auf Stirn, Mund und Brust, während die rechte Hand auf der Brust
liegt, wie beim großen Kreuzzeichen.
Wenn
Personen oder Dinge gesegnet werden, macht der Bischof, Priester oder Diakon
ein Kreuzzeichen darüber. Der Bischof segnet die Gemeinde sogar mit drei
Kreuzzeichen (Pontifikalsegen).
g) Sitzen
Maria setzte sich dem Herrn zu
Füßen und hörte seinen Worten zu.
(Lk 10, 39)
Das
Sitzen ist die Haltung, in der wir am besten zuhören können. Wenn wir in der
Liturgie sitzen, wenden wir uns aufmerksam dem Wort Gottes zu und machen uns bereit, uns von Gott ansprechen zu lassen. Für die Aufmerksamkeit ist es gut, auch im Sitzen die Spannung nicht zu verlieren. Also soll der Oberkörper
gerade bleiben.
Übereinandergeschlagene Beine sind für Meßdiener im Dienst
unangemessen – und für alle in der Liturgie und überhaupt in der Kirche nicht
angebracht.
Die
Hände liegen beim Sitzen flach auf den Oberschenkeln.
h) Hören
Auf guten Boden ist der Samen bei
denen gefallen,
die das Wort mit gutem und
aufrichtigem Herzen hören,
daran festhalten und Frucht bringen in Geduld.
(Lk 8, 15)
Es
gibt drei Arten des Hörens in der Liturgie:
1.)
Hören auf Gottes Wort. Es dient
nicht nur der Information über das, was in der Bibel steht (oft kennt man die
Texte ja schon), sondern soll dazu führen, daß Gott uns durch den heiligen Text erreichen kann.
2.)
Hören der persönlichen Worte des
Priesters (oder des Predigers). Sie sind nicht Gottes Wort, wollen aber
eine Brücke zwischen dem Wort Gottes oder der liturgischen Feier und unserem
Alltag schlagen. Während ich also beim Hören der Bibelworte betend fragen kann:
„Gott, was sagst du mir in meiner Situation mit diesen Worten?“, kann ich die
persönlichen Worte des Zelebranten oder Predigers eher als Anregungen für mein
Leben verstehen.
3.)
Das mitbetende Hören. Der Priester
sagt vor Tages-, Gaben- und Schlußgebet: „Lasset uns beten!“ Zu Beginn des Hochgebets heißt es: „Lasset uns danken dem Herrn, unserm Gott!“ Die
Gebete, die der Priester allein vorträgt, sind immer in Wir-Form gehalten. Sie
sind Gebete der ganzen Kirche, die der Priester im Namen aller singt oder
spricht. Das Hören in diesem Falle ist sehr anspruchsvoll: Es geht darum, das
Gehörte zu verstehen und mitzuvollziehen (also zum eigenen Gebet zu machen).
Wir bestätigen das im „Amen“, das bedeutet: „Ja, so sei es: Dieses Gebet ist unser, mein Gebet!“
i) Singen
– Sprechen – Schweigen
Ich will deinen Namen meinen
Brüdern verkünden,
inmitten der Versammlung dich loben.
(Ps 21 [22], 23)
„Amen“
– „Das ist würdig und recht“ – „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir ...“ – das
sind nicht einfach nur „Antworten“ der Gemeinde auf das, was der Priester sagt.
Diese Worte und alles, was die Gemeinde sagt und singt, sind das Teil des Lobes
Gottes, zu dem wir zusammenkommen. Das Priestertum aller Gläubigen (siehe 1.)
wird so konkret. In den Gesängen und Gebeten der Gemeinde bringen die Gläubigen
ihr Herz, ihre Gebete vor Gott. Das mag auch einmal (bei Heiserkeit o.ä.) im
Stillen gelingen. Aber im Normalfall gehört der Gesang und das gemeinsame Gebet
aller – neben dem persönlichen, stillen Gebet – zur Liturgie dazu. So können
meine Brüder und Schwestern merken, daß ich nicht nur als Zuschauer hier bin,
sondern als einer, der zu ihnen gehört, mit ihnen glaubt und betet.
Seit
den Ursprüngen wird die Liturgie, Gebete, Lesungen und Psalmen, vollständig
gesungen, oder es wird geschwiegen – zumindest im Idealfall. Das einfache
Sprechen ist die Ausnahme: Nur die Predigt und das „Herr, ich bin nicht würdig“
werden im Hochamt nicht gesungen, wenn denn alles gesungen wird, was zu singen
ist. Als man seit dem Hochmittelalter in den großen Kirchen mehrere Altäre
hatte, an denen die Priester oft gleichzeitig die Messe feierten, mußten sie
flüstern, und so wurde das Singen zur Ausnahme. Diese stillen „Privatmessen“
sind heute die Ausnahme, aber trotzdem ist man nur teilweise und gelegentlich
zum Singen der Liturgie zurückgekehrt. Das Sprechen scheint der Normalfall zu
sein, das Singen die Ausnahme. Ebenso ist das Schweigen selten geworden, fast
ständig wird etwas geredet, wenn man nicht Lieder singt. Das ist schade, denn
es nimmt uns und der Liturgie etwas Wesentliches:
Papst Benedikt XVI., damals noch Kurienkardinal Joseph Ratzinger, schreibt:
„Im Meer leben die Fische, und sie schweigen. Die Tiere auf der Erde schreien;
die Vögel aber, deren Lebensraum der Himmel ist – sie singen. Dem Meer ist das
Schweigen, der Erde das Schreien und dem Himmel das Singen zu Eigen. Der Mensch
aber hat Anteil an allen dreien: Er trägt die Tiefe des Meeres, die Last der
Erde und die Höhe des Himmels in sich, und deswegen gehören ihm auch alle drei
Eigenschaften zu: das Schweigen, das Schreien und das Singen. Heute […] sehen
wir, wie dem transzendenzlosen Menschen nur das Geschrei übrigbleibt, weil er
nur noch Erde sein will und auch den Himmel und die Tiefe des Meeres zu seiner
Erde zu machen versucht. Die rechte Liturgie […] lehrt ihn wieder das Schweigen
und das Singen, indem sie ihm die Tiefe des Meeres auftut und indem sie ihn
fliegen lehrt, das Sein des Engels; im Aufheben des Herzens bringt sie in ihm
das verschüttete Lied wieder zum Klingen. Ja, wir können nun sogar umgekehrt
sagen: Rechte Liturgie erkennt man daran, dass sie uns […] wieder die Tiefe und
die Höhe zurückgibt, die Stille und den Gesang. Rechte Liturgie erkennt man
daran, dass sie kosmisch ist, nicht gruppenmäßig. Sie singt mit den Engeln. Sie
schweigt mit der wartenden Tiefe des Alls. Und so erlöst sie die Erde.“
Schweigen und Singen sind wichtig, weil sie uns über die
Grenze unseres Erdenlebens führen. Außerdem verbindet gemeinsames Schweigen und
Singen viel tiefer miteinander, als gemeinsames Sprechen.
7. Personen
Wir Christen sind
durch Christus ein heiliges Volk geworden. Wir haben durch die Taufe und den
Glauben Anteil am Leben Gottes. Das macht uns zu einer heiligen Gemeinschaft.
Darum können mir meine Brüder und
Schwestern im Glauben nicht gleichgültig sein. „Ein Christ ist kein
Christ“, hat schon Tertullian († 230) gesagt.
Da die Liturgie
sozusagen die äußere Form unseres Glaubens ist, ist es wichtig, in ihr auf den
Nächsten zu achten. Deshalb spielen die Anderen nicht nur praktisch, sondern
auch in einem tieferen Sinn eine wichtige Rolle für mein eigenes liturgisches
Verhalten.
a) Bischof,
Priester, Diakon
Wer euch hört, der hört mich, und
wer euch ablehnt, der lehnt mich ab;
wer aber mich ablehnt, der lehnt
den ab, der mich gesandt hat.
(Lk 10, 16)
Über
die Herkunft und die Wichtigkeit der Amtsträger, die die Liturgie leiten, haben
wir schon nachgedacht. Ohne Priester könnten wir die heilige Messe nicht feiern
und Jesus in der Kommunion nicht empfangen. Der Priester feiert die Messe im
Namen Jesu und im Auftrag des Bischofs, dessen Helfer, die Diakone, auch dem
Priester zur Seite stehen. Ursprung dieser „Hierarchie“ (griech. hierarchéia, d.h. wörtlich: heiliger Ursprung, heilige Ordnung) sind die Worte
Jesu: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,19) und „Wer euch hört, hört
mich“ (Lk 10, 16), die er nicht zu allen seinen Jüngern gesagt hat, sondern nur
zu besonderen Gesandten, den Aposteln, deren Nachfolger unsere Bischöfe sind,
oder den zweiundsiebzig Jüngern, die er voraussandte.
Wenn
man sich also in der Liturgie vor den Geweihten verneigt, wenn sie in der
Prozession hinten gehen (das sind die vornehmsten Plätze) usw., dann nicht
deshalb, weil sie so tolle Menschen wären, sondern weil durch ihr Weihe-Amt
Jesus zu uns kommt und sich uns schenkt.
b) Mitmeßdiener
Kommt, laßt uns
jubeln dem HERRn,
jauchzen dem Fels unsres
Heils!
Laßt uns mit Lob seinem Angesicht
nahen,
ihm jauchzen mit Liedern!
(Ps 94 [95], 1f)
Die
Meßdiener bilden untereinander eine Ordnung: Man hat in der Regel seinen
Partner, man geht den Diensten nach geordnet, ja sogar die Größe spielt eine
Rolle.
Man
dreht sich nach innen, also zum Mitmeßdiener hin, wenn man sich umdreht, die
Kerzen werden in der Außenhand getragen usw.. Alles das dient – neben der
Schönheit – dazu, daß die Mitmenschlichkeit, die in unserem Glauben eine
äußerst wichtige Rolle spielt, auch in der Liturgie sichtbar wird. (Dreh dich
mal von deinem Partner weg oder zu ihm hin: Du spürst, was gemeint ist.)
Zwei
Ergänzungen dazu:
1.)
Weihrauch bleibt immer zusammen (auch wenn die anderen z.B. an den Altarstufen
auseinandergehen). Die beiden Thurifer drehen sich „wie ein Mann“, d.h. ihre
Schultern bleiben in einer Linie, damit das Faß immer rechts bleibt.
2.)
Wenn ein Meßdiener einzeln geht, weil von seinem Dienst (v.a. Ceroferare) eine
ungerade Zahl da ist, geht er in der Mitte, und zwar, soweit noch andere von
seinem Dienst mitgehen, in der letzten Reihe zu dritt. Wenn dieser Meßdiener
sich umdreht, kann er die Richtung wählen. Möchte er es ganz richtig machen, so
gilt die Regel: Das Herz zuletzt vom Altar weg und zuerst zum Altar hin, d.h.
sich nach rechts vom Altar weg-, nach links zum Altar hinwenden.
In
der Regel geht man als Meßdiener paarweise nebeneinander. Dabei ist darauf zu
achten, daß die Schultern eine Linie bilden. Das ist besonders beim Gehen über
Stufen schwierig. Deshalb gilt die Regel: Vor den Stufen zusammenkommen, erst
nach den Stufen trennen, Stufen immer im rechten Winkel zur Stufenkante hinauf-
und hinabgehen.
Wenn
man mit mehreren hintereinander geht, hält man nach vorne etwa eine Armlänge
Abstand.
c) Volk/Gemeinde
Sie werden mir Volk sein, und ich
werde ihnen Gott sein.
(Ez 14,11)
Die
Gläubigen, die keine besondere Rolle in der Liturgie wahrnehmen, nennt man
„Volk“ oder „Gemeinde“. Diese Begriffe sind etwas irreführend, denn zur
Gemeinde und zum Volk Gottes gehören auch die Amtsträger, die Lektoren, die
Kommunionhelfer und die Meßdiener.
Daran,
daß es so schwierig ist, für die Mitfeiernden ohne besondere liturgische
Aufgabe einen Begriff zu finden, sieht man, daß alle Getauften aktive Träger
der Liturgie sind. Es gibt im christlichen Gottesdienst keine reinen Zuhörer
oder Zuschauer, es sei denn, es wären nichtchristliche Gäste oder ungläubige
Beobachter. Alle feiern die heilige Messe oder den Gottesdienst.
8. Orte
a) Kirche
Gott in seinem Heiligtum ist voll
Majestät, Israels Gott;
seinem Volk verleiht er Stärke und
Kraft. Gepriesen sei Gott.
(Ps 67 [68], 36)
Die
Kirche ist das Haus Gottes. „Kirche“ kommt vom griechischen kyriaké und heißt: „die zum Herrn (kýrios) Gehörende“. Das bezeichnet sowohl die
Gemeinschaft der Getauften als auch das Kirchengebäude. Hier begegnen wir dem
Herrn in der Liturgie, in den Sakramenten, im Wort der Bibel, im persönlichen
Gebet. „Zum Beten muß ich nicht in die Kirche gehen“, sagen manche. Und wir
beten ja auch nicht nur in der Kirche. Doch es gibt für besondere Dinge
besondere Orte: Wir kochen in der Küche, schlafen im Schlafzimmer, zum Essen
haben wir oft sogar mehrerer Räume: die Küche für Werktags, das Wohn- oder sogar
ein Eßzimmer für Sonn- und Feiertags.
So
ist es auch mit dem Beten: Das Kirchengebäude ist geweiht für die Begegnung mit
Gott. Stell dir mal vor, in der Kirche würde man Kaffee trinken oder Sport
treiben: Du spürst, daß sie dazu nicht gemacht ist.
In
der Kirche triffst du auch außerhalb von Gottesdiensten immer wieder Menschen,
die hier beten, Gott oder Maria oder einem anderen Heiligen ihre Freude oder
ihre Not sagen, eine Kerze anzünden oder einfach nur die Stille suchen.
Die
Kirche ist vom Bischof zur Kirche geweiht: An zwölf Stellen (zwölf Apostel)
wurden die Wände mit Chrisam gesalbt. (Die Stellen an den Wänden sind oft
durch die Apostelleuchter und Weihekreuze gekennzeichnet.) „Geweiht“ bedeutet:
herausgenommen aus dem weltlichen Gebrauch, ganz für Gott bestimmt.
Deshalb
ist die Kirche auch das Haus der heiligen Gemeinde, der „Kirche“ eben. Sie ist
ihr „Bethaus“. Die Gemeinde der Christen ist eine heilige Versammlung, weil sie
von Gott gerufen ist, der bei ihr ist und mit ihr geht, bis sie im Himmel in
der ewigen Gemeinschaft mit ihm vereint ist. (Griechisch und lateinisch heißt
„Kirche“ übrigens ecclésia, die „[aus allen Völkern] Herausgerufene [Gemeinde
Gottes]“.)
b) Altar
So will ich kommen zu Gottes Altar,
zum Gott meiner Freude und meines Jubels.
(Ps 42 [43], 4)
Der
Altar ist der Ort, an dem in der Meßfeier Jesus mit seinem Kreuzesopfer
gegenwärtig wird. Im Hochgebet erinnern wir uns an das viele Gute, das Gott uns
allen getan hat, besonders und unübertreffbar in seinem Sohn Jesus Christus.
Wir bitten um den Heiligen Geist, damit Brot und Wein zur Leib und Blut Jesu werden,
dessen Worte aus dem Letzten Abendmahl („Das ist mein Leib“, „Das ist mein
Blut“) den Höhepunkt des Hochgebetes bilden.
Weil
dieses Unfaßbare auf dem Altar geschieht, ist er Ort der Begegnung mit
Christus. Heute knien wir in der Kirche vor dem Tabernakel, um zu beten, früher
lagen die Christen dazu ausgestreckt vor dem Altar.
Der
Altar ist vom Bischof geweiht; er ist an fünf Stellen mit Chrisam gesalbt –
entsprechend den fünf Wunden Jesu am Kreuz: Hände, Füße und Seite , die der römische
Hauptmann Longínus mit der Lanze durchstieß. (Die Stellen sind durch
Weihekreuze markiert.) Das macht den Altar zum Symbol für Christus. Deshalb ist
er auch meist aus Stein. Er soll, wie die alten Opferaltäre, fest und
unbeweglich mit der Erde verbunden sein. Der Stein des Altares erinnert an den
Felsen, aus dem Gott in der Wüste sein Volk getränkt hat (Num 20, 2-13). Die
Kirche sieht in diesem Felsen ein Bild für Christus: Alle tranken den gleichen geistgeschenkten Trank;
denn sie tranken aus dem geistgeschenkten Felsen, der mit ihnen zog. Und dieser
Fels war Christus. (1 Kor 10, 4)
Im
Altar sind Reliquien (Knochen) von Märtyrern beigesetzt, also von Christen, die
wegen unseres Glaubens umgebracht worden sind. Sie sind nun bei Gott, und auch
so verbindet uns der Altar mit dem Himmel. Entweder findet sich das
Reliquiengrab in der Platte oder im Block des Altares. Dieser Brauch rührt
daher, daß man über den Gräbern der Märtyrer Altäre errichtete, um darauf die
Eucharistie zu feiern. Aus dem Grundsatz „kein Märtyrergrab ohne Altar“ wurde
dann bald „kein Altar ohne Märtyrergrab“.
Als das Lamm das fünfte Siegel
öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren
wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten.
(Offb 6, 9)
c) Ambo
Ich will hören, was Gott redet:
Frieden verkündet der HERR seinem
Volk und seinen Frommen,
sie sollen sich nicht zur Torheit wenden.
(Ps 84 [85], 9)
Der
Ambo ist der Ort, an dem das Wort Gottes verkündet und ausgelegt wird. „Ambo“
kommt vom griechischen anabaíno = „hinaufsteigen“. Die Ambonen waren in den alten Kirchen immer erhöht – und auch
heute steht er in der Regel höher als der normale Fußboden –, das will den
hohen Wert des Wortes Gottes symbolisieren.
Der
Ambo ist zwar nicht geweiht. Aber dennoch ist er dem Wort Gottes zugeordnet und
sollte nicht für anderes verwendet werden, außer für dieses, die Predigt und die Fürbitten.
d) Tabernakel
(das) und Ewiges Licht
Und der, der auf dem Thron sitzt,
wird sein Zelt über ihnen aufschlagen.
(Offb 7, 15)
Die
konsekrierten (d.h. in den Leib Jesu verwandelten) Hostien, die nach der
Kommunionausteilung übrigbleiben, werden im Tabernakel aufbewahrt für Kranke,
die nicht zur Messe kommen können, denen die Priester, Diakone und andere
Beauftragte die Kommunion bringen, und für die nächsten Meßfeiern, damit immer
genug von der heiligen Kommunion da ist.
Tabernáculum heißt „Zelt“. Hier „zeltet“ Jesus Christus unter den Menschen. Hier sind wir
Jesus am nächsten, denn hier ist er wirklich da im Brot, in dem er uns Nahrung,
„Mittel“ zum ewigen Leben sein will.
Zum
Zeichen der Gegenwart Gottes brennt in der Nähe des Tabernakels das Ewige
Licht, das sein Vorbild in der Feuersäule hat, in der Gott sein Volk Israel aus
der Sklaverei in Ägypten geführt hat. Übrigens
brennt auch in den Synagogen vor dem Thoraschrein ein Ewiges Licht.
Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag
in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule,
um ihnen zu leuchten. So konnten sie Tag und Nacht unterwegs sein. Die
Wolkensäule wich bei Tag nicht von der Spitze des Volkes, und die Feuersäule
nicht bei Nacht. (Ex 13, 21f)
9. Materie
Wir
nehmen aus der „materiellen Welt“, der sichtbaren Welt, die wir sehen,
schmecken, riechen, fühlen können, Dinge heraus, damit sie in der Liturgie zu
heiligen Zeichen werden oder diesen dienen. Manche von diesen Dingen werden
eigens für diesen Gebrauch im heiligen Dienst geweiht, das heißt: sie werden
Gott geschenkt und sollen nun für nichts anderes mehr dienen: Aus einem
Meßkelch trinkt man keine Limonade! Es gibt eine Fülle von solchen Dingen in
der Liturgie. Einige davon sind hier ausgewählt.
a) Brot
und Wein
Du läßt Gras wachsen für das Vieh,
auch Pflanzen für den Ackerbau des Menschen,
damit er Brot gewinnt von der Erde
und Wein, der das Herz des Menschen erfreut,
damit er das Angesicht erglänzen läßt von Öl
und Brot das Herz des Menschen stärkt.
(Ps 103 [104], 14f)
Brot steht für das „tägliche Brot“, das wir durch
unsere Arbeit herstellen oder verdienen. Brot ist Grundnahrungsmittel und
symbolisiert unseren Alltag und unsere Lebensgrundlage. Die von den verschiedenen
Feldern geernteten und zusammengetragenen, dann gemahlenen und gebackenen
Körner stehen symbolisch für die vielen Menschen, die Gott zu dem einen Volk
der Kirche vereint.
Jesus
nahm beim Letzten Abendmahl Brot und machte es durch sein Wort für uns zu seinem Leib. Immer
wenn wir die heilige Messe feiern, wird das Brot beim Hochgebet zum Leib Jesu:
Gott verwandelt unseren Alltag in sein göttliches Leben; Jesus ist unsere
Lebensgrundlage, unser „Lebensmittel“.
Wein steht für das Fest. Wer Wein trinkt, genießt.
Nur zum Löschen des Durstes trinkt man dieses edle Getränk nicht. Wein
symbolisiert alles Festliche und Schöne in unserem Leben. Wie die Körner beim
Brot stehen die vielen Trauben, die zu einem Trank geworden sind, für die
vielen Gläubigen in der Kirche, die durch das Blut Christi sozusagen zum Wein
für die Welt werden: Zum Zeichen für das Fest, zu dem Gott alle Menschen ruft.
Jesus
nahm beim Letzten Abendmahl den Kelch mit Wein und machte daraus sein Blut. In
der hl. Messe wird aus dem Wein das Blut Christi: Gott verwandelt unsere Freude
in sein göttliches Leben – alles Schöne ist aufgehoben und verwandelt in seiner
Ewigkeit.
b) Wasser
(Taufwasser, Weihwasser)
Jesus antwortete: Amen, amen, ich
sage dir:
Wenn jemand nicht aus Wasser und
Geist geboren wird,
kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
(Joh 3, 5)
Ohne
Wasser gäbe es kein Leben auf der Erde; ohne Wasser würden Menschen, Tiere und
Pflanzen sterben. Wasser erfrischt; im Sommer ist ein Bad in einem See oder im
Schwimmbad etwas Herrliches. Zugleich bedroht Wasser unser Leben z.B. bei
Sturmflut oder Hochwasser. Unter Wasser können wir nicht atmen und sterben.
Zu
Beginn der Schöpfung schwebte Gottes Geist über dem Wasser. In der Sintflut hat
Gott die Sünder vernichtet. Durch das Wasser des Schilfmeers hat Gott sein Volk
in die Freiheit geführt und seine Feinde vernichtet, in der Wüste mit Wasser
aus dem Felsen getränkt. Johannes hat Jesus im Jordan getauft. Wasser steht
also in der Bibel für Schöpfung und Leben, aber auch für Strafe und Tod und
schließlich für die Rettung.
In
den Wein wird bei der Gabenbereitung
der Messe ein Tropfen Wasser gegeben. Er ist Zeichen für die Menschheit, die in
Gott „aufgeht“; Gott ist so groß, daß er unser Menschsein in sein Leben
hineinnehmen, daß er uns „vergöttlichen“ kann, ohne daß dadurch seine Gottheit
kleiner würde.
Das
Wasser spielt in der Taufe die
entscheidende Rolle. Wir sind auf Christi Tod getauft, das heißt: das
Übergießen mit Wasser (eigentlich Untertauchen; „döppen“ und „taufen“ sind
dasselbe Wort) ist ein Symbol für den Tod Christi (Begrabenwerden) und zugleich
für seine Auferstehung. Wer im Namen des Vaters und des Sohnes und den Heiligen
Geistes getauft wird, vollzieht den Tod und die Auferstehung Christi nach und
hat so teil an der Vergebung der Sünden und an seinem göttlichen Leben, die er
uns erwirkt hat.
Das
Weihwasser an den Kirchenportalen erinnert die Eintretenden an ihre Taufe: Wir bekreuzigen uns mit dem Wasser, um
so erneut Ja zu sagen zu unserer Taufe, um Gott dafür zu danken, daß wir durch
die Taufe zu Christus und seiner Kirche gehören dürfen und um ihn um seinen
Segen zu bitten. Weihwasser wird zum Segnen benutzt.
c) Gold
(siehe 10.a)
d) Weihrauch
(siehe 10.c)
e) Leinen
(siehe 11.a)
f) Wachs
Aus dem köstlichen Wachs der Bienen
bereitet...
(Osterlob „Exúltet“)
Die
Kerzen für die Liturgie bestehen heute zu mindestens 10% aus Bienenwachs; der
übrige Anteil ist meist Stearin, das billiger ist als echter Bienenwachs, für
einen gleichmäßigen und rußärmeren Brand und besseres Licht sorgt.
Wachs
und Honig gewinnen die Bienen beim sommerlichen Sammeln der Nahrung aus
Blütensaft. Da ist „Sonne drin“, guter Duft und Geschmack und viel Fleiß. Wenn
die Kerze brennt, gibt sie die gespeicherte Energie wieder ab – Wärme und
Licht. Das ist ein Bild für Christus, bei dem wir Gottes „Licht und Wärme“
finden. Zugleich ist es ein Symbol für unseren Glauben, der uns den Weg zeigt
und den Menschen leuchtet.
Um
weißen (hellen) Wachs für die Kerzen herzustellen, sind viele
Reinigungsvorgänge nötig. Darum war früher, als die Kerzen noch aus reinem
Bienenwachs waren, die weißen Kerzen die kostbareren. Sie wurden an den
Festtagen verwendet. Daher sind die Kerzen heute noch in der Advents- und
Fastenzeit braun, also honigfarben.
g) Stein
(siehe 8.b)
10. Geräte
Kelch
und Patene/Ziborium werden „heilige Geräte“ genannt, weil sie für den Gebrauch
in der Liturgie geweiht sind, also herausgenommen aus dem „normalen“ Alltag.
Diese Geräte sind ganz für den Dienst vor Gott da.
Auch
die anderen Geräte für die Liturgie haben ihre tiefere Bedeutung.
a) Kelch
und Patene/Ziborium/Hostienschale
Ist der Kelch des Segens, über den
wir den Segen sprechen,
nicht Teilhabe am Blut Christi?
Ist das Brot, das wir brechen,
nicht Teilhabe am Leib Christi?
(1 Kor 10, 16)
Die
wichtigsten Geräte in der Liturgie sind Kelch und Patene/Ziborium: In ihnen befinden
sich Wein und Brot, die im Hochgebet zu Leib und Blut Jesu verwandelt werden.
Deshalb sind sie (mindestens innen) aus einem edlen Material, meistens aus
Gold. Das Allerheiligste, was es auf der Erde gibt – Leib und Blut Jesu – , ist
uns Christen weit mehr wert als das kostbarste Material. Und wenigstens ein
kostbares Material soll dazu dienen, das Allerheiligste aufzunehmen. Von Licht
beschienenes Gold leuchtet außerdem besonders schön. Die edlen Materialien und
Formen der heiligen Geräte sind ein Glaubensbekenntnis und ein Lobpreis auf die
wirkliche Gegenwart Christi in Brot und Wein (Realpräsenz).
Den
kleinen Teller, auf dem nur die große Hostie liegt, nennt man Paténe (d. h.
eigentlich „Futterkrippe“), wenn viele Hostien hineinpassen, spricht man von
Zibórium („Speisekelch“). Wenn das Ziborium keinen Schaft hat, wird es auch
Hostienschale genannt.
b) Wein-
und Wasserkännchen, Kelchlöffel
Auf, alle Durstigen, kommt zum
Wasser!
Die ihr kein Geld habt, kommt,
kauft Getreide und eßt,
kommt und
kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch!
(Jes 55, 1)
Die
Kännchen oder Kannen, in denen Wein und Wasser zur Gabenbereitung zum Altar
gebracht werden, enthalten nichts Heiliges, daher sind sie meist schlicht
gehalten. Manchmal sind sie, damit man besser erkennt, was sie enthalten,
markiert: „V“ für „vinum“ = Wein; „A“ für „aqua“ = Wasser. Das Weinkännchen ist
manchmal innen vergoldet.
Wein
als Gabe zur Gabenbereitung ist Zeichen für alles Festliche und Freudige
unseres Lebens, für gelungenes Leben. Und deshalb ist der Wein zugleich Zeichen
für das Leben Gottes, der das Leben selbst ist. Das Wasser bezeichnet die
Alltäglichkeit unseres Lebens, auch das Schwere oder „Geschmacklose“.
Bei
der Gabenbereitung gibt der Priester/Diakon einen Tropfen Wasser in den Wein –
oft mithilfe eines Löffelchens – und
betet: „Wie sich das Wasser mit dem Wein verbindet zum heiligen Zeichen, so
lasse uns dieser Kelch teilhaben an der Gottheit Christi, der unsere
Menschennatur angenommen hat.“ Wein ist Zeichen des göttlichen Lebens, Wasser
des menschlichen. Beides hat Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, in sich
vereint. Wie der Wassertropfen in den Wein eingeht, so gehen wir durch die
heilige Messe in Gott ein: Unser sterbliches Leben wird in sein ewiges hineingenommen und verwandelt.
c) Weihrauchfaß
und -schiffchen
Alle trugen Harfen und goldene
Schalen voll von Räucherwerk;
das sind die Gebete der Heiligen.
(Offb 5, 8)
Weihrauch
ist ein besonderes Harz, meist von der Südküste der arabischen Halbinsel. Es
ist das einzige Harz, das beim Verbrennen die Atemwege nicht reizt, sondern
beruhigt. Sein edler Duft hat ihn schon früh zu einer kostbaren und begehrten
Gabe gemacht, die bald nur Königen und dann der Verehrung von Göttern vorbehalten
war.
Im
Alten Testament ist der Rauch der verbrannten Opfertiere und der Weihrauch
Zeichen für die Gebete zu Gott (z.B. Psalm 141, 2: Mein Bittgebet sei ein Räucheropfer vor deinem Angesicht, ein Abendopfer das Erheben meiner Hände.). Das Weihrauchopfer wird von Gott selbst angeordnet, als er die Anweisungen
für den Kult im Bundeszelt , dem Vorläufer des
Tempels, verfügt: Allein in der Thora, den ersten fünf Büchern der Bibel, ist
siebzehnmal von Weihrauch die Rede. Weihrauch wird also für
die „Kommunikation“ mit Gott verwendet. Er ist sozusagen sichtbares Gebet und Gotteslob.
Die
Christen im römischen Reich weigerten sich darum, vor den heidnischen Götter-
und Kaiserbildern Weihrauch zu opfern (auch die Kaiser wurden als Götter verehrt!), weil sie damit den Glauben an den einen
Gott verraten hätten, und wurden deswegen zum Tod verurteilt.
Im
Neuen Testament kommt Weihrauch an zwei für unsere Liturgie bedeutsamen Stellen
vor:
1.)
Eine der Gaben der Weisen aus dem Morgenland war Weihrauch (Mt 2,11). Zu den
Gaben der „Heiligen Drei Könige“ heißt es in einem Hymnus zum Fest der
Erscheinung des Herrn:
Den König kündet an das Gold,
dem Gott steigt auf des Weihrauchs
Duft,
doch weist voraus auf Tod und Grab
der Myrrhenkörner Bitterkeit.
Indem
die drei Weisen Jesus Weihrauch schenken, bekennen sie: Jesus ist Gott! Wenn
wir in der Liturgie Weihrauch verbrennen, bekennen wir: Hier ist Gott! – und
beten ihn an.
2.)
Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, schreibt der Seher:
„Als es (das Lamm, d.h. Jesus) das
Buch empfangen hatte, fielen die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten
vor dem Lamm nieder; alle trugen Harfen und goldene Schalen voll von
Räucherwerk; das sind die Gebete der Heiligen.“ (Offb 5, 8)
Weihrauch
ist also auch im Neuen Testament sichtbares Gebet.
Neben
der Verehrung Gottes wird Weihrauch auch als Bitte um Schutz vor dem Bösen
verwendet (z.B. bei Haussegnung – auch beim Sternsingen).
Weihrauch
ist ein Harz. Man gewinnt ihn, indem man die Rinde des Weihrauchbaumes ritzt.
Er kommt also aus einer Wunde; die Weihrauchkörner sind getrocknete
„Bluttropfen“ oder „Tränen“ des Baumes. Wir können also beim Verbrennen des
Weihrauchs auch an das denken, was uns verwundet oder traurig gemacht hat. Was
nun passiert, wird zum Zeichen: Er beginnt zu duften, wenn man ihn auf einer glühenden
Kohle verbrennt. Unsere Traurigkeiten, die dunklen Momente unseres Lebens
gewinnen ihre Schönheit, wenn wir sie im Gebet zu Gott aufsteigen lassen, weil
wir so den tieferen Sinn erkennen.
Das
Weihrauchfaß enthält die Kohle, das Schiffchen den Weihrauch. Der Dienst als
Thurifer (Rauchträger) ist der vornehmste, den der Ministrantendienst zu bieten
hat. Der Weihrauch geht immer vor dem (höchsten) Christuszeichen, d.h. im
Normalfall vor dem Kreuz, in der Osternacht vor der Osterkerze (Zeichen des
Auferstandenen), in einer Prozession mit dem Allerheiligsten vor diesem – traditionell
sogar rückwärts und das Allerheiligste ununterbrochen inzensierend.
d) Leuchter
und Kerzen
Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt, wird nicht in
der Finsternis umhergehen,
sondern wird das Licht des Lebens
haben.
(Joh 8, 12)
Die
Evangelienleuchter gehen beim Einzug neben oder (wenn nicht genügend Platz ist)
vor dem Kreuz. Sie leuchten Christus voran, um anzuzeigen: Hier kommt das Licht
der Welt.
Ihre
Hauptaufgabe ist das Leuchten zum Evangelium. Im Evangelium spricht oder
handelt Christus selbst. Deshalb ist es der Höhepunkt des Wortgottesdienstes,
vergleichbar mit der Wandlung in der Eucharistiefeier. Um das sichtbar zu
machen, stehen die Evangelienleuchter links und rechts vom Ambo – mit dem
Gesicht zum Evangeliar.
Auch
die anderen Kerzen (Flambeaus, Altarkerzen) sind Zeichen dafür, daß Gott das
Licht ist, das die Dunkelheit unserer Traurigkeit, unserer Sinnlosigkeit,
unsrer Orientierungslosigkeit hell macht, weil sein Sohn gekommen ist, für uns
gelitten hat, gestorben und auferstanden ist. Die Orte in der Kirche und die
Teile der Liturgie, die das besonders deutlich machen, heben wir durch Kerzen
hervor.
Die
Kerzen, die wir in den Händen halten (z.B. in der Osternacht oder am Fest der
Darstellung des Herrn (Mariä Lichtmeß) oder die wir vor dem Tabernakel, einem
Kreuz oder einem Heiligenbild entzünden, sind Zeichen unseres Glaubens und
unserer Hoffnung auf Christus. (Vgl. Mt
25, 1-13)
e) Lavabogerät
(zur Handwaschung)
Ich will meine Hände in Unschuld waschen,
und deinen Altar, HERR, will ich umschreiten,
um laut das Lob zu verkünden
und all deine Wunder zu erzählen.
(Ps 25 [26], 6f)
Die
Handwaschung hat ihren Ursprung in dem altkirchlichen Brauch, daß zur Kollekte
(collécta = „Sammlung“) Lebensmittel und Erntegaben für die Armen
zum Altar gebracht wurden. Die Priester, die diese Gaben entgegennahmen,
wuschen anschließend ihre Hände, weil sie ja – spätestens zur Kommunionausteilung
– das Allerheiligste anfassen mußten.
Auch
wenn heute zur Kollekte nur noch Geld gespendet wird und die Sammlung von
Kollektanten übernommen wird, ist die Handwaschung erhalten geblieben. Sie
hat einen übertragenen Sinn erhalten: Der Priester betet zur Handwaschung:
„Herr, wasche ab meine Schuld, von meinen Sünden mache mich rein!“ So ist das
„Lavabo“ (lateinischer Anfang des alten Handwaschungsgebetes des Priesters) zu
einer symbolischen Bitte geworden, daß Gott dem Priester seine Schuld vergeben
möge, der nun mit der Gemeinde das heilige Opfer feiert. Denn Gott ist vollkommen,
und wir Menschen erfahren immer wieder, daß wir vor Gott schuldig werden.
Deshalb ist es ein großes Geschenk Gottes, daß er uns das Allerheiligste,
seinen Sohn, in die Hand gibt. Dieses Geschenk ruft uns zur Bitte um Vergebung
unserer Schuld.
f) Glocken
und Schellen
Den Vorstehern der Leviten befahl
David, sie sollten ihre Stammesbrüder, die Sänger, mit ihren Instrumenten, mit
Harfen, Zithern und Zimbeln, aufstellen, damit sie zum Freudenjubel laut ihr Spiel
ertönen ließen. Die Sänger Heman, Asaf und Etan schlugen die bronzenen Zimbeln.
(1 Chr 15, 16.19)
Glocken
bestehen aus Bronze oder einem anderen Metall. Metall wird aus Erz gewonnen und durch
Feuer hergestellt. Aus der Erde genommen wird es durch die Flamme geläutert und
zum Klingen befähigt. Das ist ein Bild, daß der Mensch, dessen Leib von der
Erde stammt, durch das Feuer des Glaubens „veredelt“ und zur Schönheit des
Gotteslobs befähigt wird.
Glocken
und Schellen geben Signale in der Liturgie: Glocken werden geläutet, um die
Gläubigen zum Gottesdienst in die Kirche zu rufen. Daran, welche Glocken
geläutet werden, kann man hören, ob ein Fest, ein normaler Sonntag, Werktag
oder Bußzeit ist. Die Glocken haben oft Heiligennamen, so daß in manchen
Gemeinden die Glocke am Fest ihres Heiligen eine besondere Rolle in der
Läuteordnung bekommt.
Die
Schellen der Ministranten werden zur Wandlung und bei Prozessionen mit dem
Allerheiligsten geläutet, an Gründonnerstag und in der Osternacht schellt man
auch zum Gloria. Oft wird auch eine Glocke im Turm (zum Evangelium und) zur Wandlung angeschlagen oder geläutet. Immer sind das Signale dafür, daß der lebendige
Christus da ist.
Die
Glocken im Turm rufen morgens, mittags und abends mit dreimal drei Schlägen zum
privaten Gebet, zum Angelus („Gotteslob“ Nr. 3, 6), in der
Osterzeit zum Regina cæli („Gotteslob“ Nr. 3, 7).
Zwischen
dem Gloria am Gründonnerstag und dem in der Osternacht schweigen die Glocken
aus Ehrfurcht vor dem Leiden Christi, dessen wir in den Tagen vor Ostern
gedenken.
g) Orgel
Lobt ihn mit
dem Schall des Widderhorns,
lobt ihn mit Harfe und Leier!
Lobt ihn mit Trommel und Reigentanz,
lobt ihn mit Saiten und Flöte!
(Ps 150, 3f)
In der abendländischen Liturgie hat die Orgel ihren festen Platz – zur Begleitung des Gesangs von Gemeinde, Kantor, Schola und Chor, aber auch als solistisches Instrument. Die „Königin der Instrumente“ vermag wie kaum ein anders, unsere Seele in die rechte „Stimmung“ zu versetzen, um dem Herrn zu begegnen und ihm zu lobsingen. Das hat viele Gründe – einer ist sicher ihr stehender Ton, der durch den Luftstrom in den Pfeifen solange klingt und unverändert bleibt, wie eine Taste gedrückt ist: Vielleicht erzeugt dieser Klang in uns ein Gefühl von Ewigkeit:
„Die Orgel in der ihr eigenen Majestät spricht wie ein Philosoph: Sie kann als einziges unter den Instrumenten in unbestimmter Dauer ein unveränderliches Klangvolumen entfalten und damit die religiöse Idee des Unendlichen zum Ausdruck bringen.“ (Charles-Marie Widor, Vorwort zu seinen Orgelsymphonien I–VIII, 1887; Quelle)
Die Orgel schweigt in der Fastenzeit (klassisch auch im Advent) oder wird nur zur Begleitung des Gesanges gespielt. Vom Gloria am Gründonnerstag bis zum Gloria der Osternacht schweigt sie auf jeden Fall ganz. Das rührt daher, daß in den ersten Jahrhunderten die christliche Liturgie ganz ohne Instrumente gefeiert wurde, so wie es bis heute die orthodoxen und orientalischen Kirchen tun. Wenn man im Westen auch die Orgel und andere Instrumente für die Liturgie zugelassen hat, blieb man an den heiligsten Tagen des Jahres doch beim alten Brauch.
h) Fahnen
Alle Israeliten sollen bei ihren
Feldzeichen lagern, bei den Zeichen ihrer Großfamilie. Gegenüber dem Offenbarungszelt, rings umher sollen sie lagern.
(Num 2, 2)
In
sehr feierlichen Gottesdiensten, vor allem bei Prozessionen, führen wir Fahnen
mit. Sie sind liturgisch gesehen das niedrigste Beiwerk, als letztes zur
liturgischen Ausstattung dazugekommen, haben aber dennoch eine große Wirkung:
Der wallende Stoff in seiner verschwenderischen Menge und leuchtenden Farbe
gibt der Liturgie einen festlichen Glanz, der an ritterliche Feste erinnert.
Fahnen
geben der Liturgie „Farbe“. Sie drücken aus, daß hier etwas Kostbares
gefeiert wird und heben die Herzen der Mitfeiernden in Festtagsstimmung.
Oft
sind auf den Fahnen Symbole zu sehen, die auf den Inhalt des Festes verweisen
oder auf die Gruppe, die durch diese Fahne (dann ist es ein Banner) vertreten
wird.
11. Gewänder
Die liturgischen
Gewänder heißen Paraménte. Paráre heißt „bereiten“ (lat.). Paramente sind also „Bereitungen“: Diese Kleider helfen denen, die sie
tragen, in der richtigen Haltung Gott in der Liturgie zu dienen. Auch denen,
die sie sehen, sollen die Paramente helfen, das was in der Liturgie geschieht –
und das ja unsichtbar ist – bewußt mitzufeiern.
a) Albe
und Rochett, Altarwäsche
Da nahm einer der Ältesten das Wort und sagte zu mir:
Wer sind diese, die weiße Gewänder tragen, und woher sind sie gekommen? Ich
erwiderte ihm: Mein Herr, du weißt das. Und er sagte zu mir: Dies sind jene,
die aus der großen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und im
Blut des Lammes weiß gemacht.
(Offb 7, 13f)
Die
Albe, das weiße Untergewand der Diakone, Priester und Bischöfe in der Meßfeier,
und das Rochett sind eigentlich nichts anderes als das Gewand aller Christen:
das Taufkleid. Weiß ist die Farbe des Lichtes, das Zeichen für das göttliche
Leben ist.
Die
Altarwäsche und die weißen
Grundkleidungsstücke der Liturgie, Albe, Schultertuch und Rochett sind traditionell aus Leinen, einem weißen, feinen und
zugleich festen Stoff. Früher war übrigens nur Leinen erlaubt, weil es eine
Pflanzenfaser (Flachs) ist, zu deren Herstellung viel mühsame Arbeit nötig ist
– Zeichen für das Bemühen der Christen, nach Gottes Willen zu leben.
Leinen
wird auf dem Altar ausgebreitet als Zeichen für unsere reine, feste Gesinnung,
mit der wir zu Gott kommen und uns ihm schenken wollen. In weißes Leiden
gekleidet treten wir vor Gott – dürfen es wagen, weil er uns gereinigt hat
durch das Blut seines Sohnes, also durch seinen Tod, der uns von der Sünde
befreit hat.
b) Talar
und Soutane/Toga
Der Mensch sieht, was vor den Augen
ist,
der HERR aber sieht das Herz.
(1 Sam 16, 7)
Das
schwarze oder farbige Untergewand hat liturgisch keine Bedeutung; es verdeckt
nur die Straßenkleidung. Es macht aber deutlich, daß wir vor Gott gleich sind,
ohne Ansehen der sozialen Stellung usw..
Wir
sprechen bei der Soutane (sprich: „Sutáne“; auch Toga genannt) des Priesters
auch vom „geistlichen Gewand“ – und das gilt in einem gewissen Sinn auch für
die Talare der Meßdiener. Dieses lange Kleid macht dem Träger deutlich, daß er
nun etwas Nicht-Alltägliches, etwas Heiliges tut. Der Talar eignet sich nicht
für etwas Hektisches, Schnelles oder Grobes. Er hilft dem Träger, mit seinen
Gedanken bei sich und bei Gott zu sein.
c) Schultertuch/Humerale
(Amikt)
Herr, stelle eine Wache vor meinen
Mund,
behüte das Tor meiner
Lippen!
(Ps 140 [141], 3)
Das
Schultertuch (von Bischof, Priester und Diakon) umschließt den Hals. Damit
bittet der Träger Gott darum, daß jedes Wort, das in der Liturgie seinen Mund
verläßt, im Sinne Gottes – und nicht nur des Sprechers – erfolgen soll.
Ursprünglich wird es wie eine Kapuze angezogen und dann über das Meßgewand nach
hinten gelegt. In dieser alten Form nennt man das Schultertuch Amíkt.
d) Zingulum
So aber sollt ihr es essen: eure
Hüften gegürtet, Schuhe an euren Füßen und euren Stab in eurer Hand. Eßt es hastig! Es ist ein Pessach für den HERRn.
(Ex 12, 11)
Das
Zingulum (lat. „Gürtel“) erinnert daran, daß das Volk Israel das Paschamahl vor
dem Auszug aus der ägyptischen Gefangenschaft gegürtet gegessen hat, um zum
Aufbruch bereit zu sein. Der Priester feiert die Messe gegürtet zum Zeichen
dafür, daß wir Christen aufbruchbereit sind: Gott wird uns befreien aus aller
Bedrängnis. Wir halten uns für diese Befreiung bereit, die in der Kreuzigung
und Auferstehung Jesu Christi schon geschehen, in der Liturgie neu gegenwärtig
wird und sich einmal vollenden soll.
e) Stola
Nehmt mein Joch auf euch und lernt
von mir;
denn ich bin gütig und von Herzen
demütig;
so werdet ihr Ruhe finden für eure
Seele.
Denn mein Joch ist sanft, und
meine Last ist leicht.
(Mt 11, 29f)
Die Stola ist das
Zeichen der geweihten Amtsträger: der Diakone, Priester und Bischöfe. Wer die
Stola trägt, handelt im Namen und Auftrag Christi und der Kirche. Sie steht sie
für das leichte „Joch“ Jesu (vgl. Mt 11, 29), also die Verbindung mit ihm im
Dienst vor Gott und an den Menschen. In diesem Dienst ist Christus den
Amtsträgern nahe und stärkt sie. Wer die Stola anlegt, läßt sich von Jesus
„einspannen“.
f) Kasel
(Meßgewand) und Dalmatik
Von hinten und vorn hast du mich umschlossen,
hast auf mich deine Hand gelegt.
(Ps 138 [139], 5)
Das
eigentliche Festgewand der Liturgie ist für den Bischof und den Priester die
Kasel (lat. cásula, planéta), für den Diakon die Dalmatik.
Die
Kasel sagt durch ihre üppige Stoffmenge und ihre meist wertvolle Machart etwas
über die Fülle des Lebens, die uns Gott verheißen hat, und an der wir in der
Liturgie „vorauskostend“ teilnehmen, also in Zeichen aber dennoch wirklich. Die
Kasel umhüllt seinen Träger, verdeckt ihn geradezu. Seine Person tritt zurück
hinter seiner Aufgabe und Rolle in der heiligen Feier, die er durch seine Weihe
erhalten hat. Die Kasel symbolisiert auch die Liebe Gottes, die uns Menschen so
umfängt wie die Kasel ihren Träger. Casula (Verkleinerungsform von casa =
„Haus“) heißt „Häuschen“: Wir wohnen in Gottes Liebe.
Die
Dalmatik der Diakone ist weniger großzügig geschnitten. Diákonos (griech.) heißt „Diener“: Die bescheidenere Form seines Gewandes (Mode aus Dalmatien, 2. Jahrhundert) macht die
dienende Funktion seines Amtes deutlich.
Kasel,
Dalmatik und Stola haben im Kirchenjahr wechselnde Farben:
- Weiß
für Feste und Festzeiten
- Violett
für die Vorbereitung auf große Feste (Bußzeiten und -tage)
- Rosa
für die Sonntage nach der Mitte der beiden Bußzeiten: 3. Adventsonntag
(„Gaudéte“) und 4.Fastensonntag
(„Lætáre“) als Farbe der Vorfreude
- Rot
für Palmsonntag, Karfreitag, Pfingsten und Märtyrerfeste (Leiden des Herrn,
Blut und Heiliger Geist)
- Grün
für die „normale“ Zeit im Jahreskreis als Farbe der Hoffnung (übrigens war Grün
im Mittelalter an manchen Orten die Farbe des Pfingstfestes, das so das ganze
Jahr prägte)
- Schwarz
für Totenmessen als Farbe der Trauer (in der alten Ordnung auch am Karfreitag).
g) Manípel
Möge ich würdig sein, o Herr,
das Tuch (manípulum) der Tränen und
der Betrübnis zu tragen,
auf daß ich mit Freude den Lohn für
meine Mühe empfange.
(Gebet des
Priesters zum Anlegen des Manipels)
Die kleine „Stola“,
die der Priester bei der Messe über dem linken Arm trägt, ist in der neuen
Meßordnung abgeschafft. In der alten wird sie getragen und in vielen
Sakristeien liegen sie noch in den Schubladen bei den alten Gewändern. Das
Manipel (lat. manus = Hand, manipulum = Schweißtuch, später Ziertuch) ist
früher ein (kostbares) Schweißtuch gewesen, das man in spätrömischer Zeit in
der Hand oder am Arm trug. Als gottesdienstliches Kleidungsstück ist es Symbol
für die Mühen des Glaubens und für die Sorgfalt, mit der die Liturgie gefeiert
werden soll.
h) Mitra
und Stab
Weidet die euch
anvertraute Herde Gottes, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie Gott es
will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern mit Hingabe; seid nicht Beherrscher der Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde! (1Petr 5,2f)
Mitra
und Stab sind Zeichen des Bischofs und der Äbte (Klostervorsteher). Die Mitra
ist die Kopfbedeckung der Bischöfe, wahrscheinlich ursprünglich nur die des
Papstes. Sie hat ihren Ursprung wohl im jüdischen Tempel, in dem der
Hohepriester zum Opfer eine ähnliche Kopfbedeckung trug.
Der
Stab ist ein Hirtenzeichen: Die Krümme dient dem Hirten dazu, Schafe, die sich
von der Herde zu trennen drohen, zurückzuholen. Ursprünglich Zeichen der Äbte,
haben heute fast alle Bischöfe einen Stab als Zeichen dafür, daß sie für ihr
Bistum sorgen wie ein Hirt für seine Herde. Der Papst hat übrigens als Bischof
von Rom eigentlich keinen Stab; man ist hier länger beim alten Brauch
geblieben. Der Kreuzstab des Papstes ist neu (unter Papst Paul VI. eingeführt).
i) (Kelch-,
Schulter-) Velum
Ich bin der Gott deines Vaters,
der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.
Da verhüllte Mose sein Gesicht;
denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
(Ex 3, 6)
Das Verhüllen von
Gegenständen oder Körperteilen ist ein Zeichen von Ehrfurcht. Es zeigt an, daß
wir es hier mit etwas Besonderem, etwas Heiligem zu tun haben. Die Hülle
hindert uns daran, es achtlos in die Hand zu nehmen. Wir werden aufmerksam und
vorsichtig.
Daher wird der Kelch
mit der Patene (und der Hostie darauf) vor der Messe mit einem Velum (lat. Segel)
verhüllt. Denn sie sind der Ort, an dem Gott gegenwärtig wird.
Zum sakramentalen
Segen trägt der Priester ein Schultervelum, mit dem er die Monstranz anfaßt.
Damit wird deutlich, daß er in der Monstranz das Allerheiligste, Christus
selbst in den Händen trägt.
j) Antepéndium (lat. „Vorhang“)
In manchen Kirchen
werden der Altar und/oder der Ambo mit einem Antependium verhüllt. Oft gibt es
verschiedene Antependien für die Kirchenjahreszeiten. Dieses Tuch ist meist aus
kostbarem Stoff und nicht selten mit Stickereien verziert, die Bezug zur
Eucharistie haben.
Das
Antependium dient der Zierde des Altars und der Raumes. Besonders, wenn es zu
den Paramenten des Priesters paßt, ergibt sich ein wunderbar „geschlossenes“
Bild.
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[1] „Priester“ im christlichen Sinn ist nicht das, was ein Priester der alten Religionen war, also ein Mittler, ohne den es keinen Kontakt zu Gott gäbe: Der jüdische und heidnische (Hohe-) Priester heißt auf Griechisch „hiereús“, auf Lateinisch „sacérdos“, was bedeutet, daß er „das Heilige gibt“, ja, eine „heilige Gabe“ ist. In diesem Sinne sind alle Christen Priester. Der christliche Priester („Priester“ kommt vom griechischen „presbýteros“ – lat. „présbyter“ – und heißt „Ältester“) ist ein von Gott und dem Bischof gerufener und geweihter Christ, der dem Leben und dem Beten des christlichen Volkes dient, indem er es leitet.
[2] Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.), Gesammelte Schriften. Theologie der Liturgie, Freiburg/Br. 2008, S. 546f – unter Bezug auf Mahatma Gandhi.
[3] Eine andere Tradition zählt die Füße als eine Wunde und nimmt die Dornenkrone hinzu.
[4] Im Bundeszelt wurde die Bundeslade mit den Tafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt. Sie war der Ort, wo Gott unter seinem Volk wohnte. Nur Mose, später die Hohenpriester durften das „Allerheiligste“, den Raum mit der Bundeslade betreten. König Salomon baute in Jerusalem den Tempel, der das Bundeszeit ablöste.
[5] Ex 30, 34; Lev 2, 1; Lev 2, 2; Lev 2, 15; Lev 2, 16; Lev 5, 11; Lev 6, 8; Lev 24, 7; Num 5, 15; Num 16, 7; Num 16, 17; Num 16, 18; Num 16, 35; Num 17, 5; Num 17, 11; Num 17, 12; Dtn 33, 10